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Bericht der Geschäftsführung

Die Menschheit kämpft nun schon über zwei Jahre gegen die Covid-19-Pandemie. Gemäss der John-Hopkins-Universität sind 2021 3,5 Millionen Menschen an den Folgen einer Covid-19-Infektion gestorben. 2020 waren es knapp 2 Millionen Menschen. Von Regierungen, Gesundheitsbehörden, Wissenschaftlern und Forschenden, der Pharmaindustrie, Unternehmen und Arbeitgebern, Zentral- und Geschäftsbanken wurden grosse Anstrengungen unternommen und Initiativen umgesetzt, um die negativen gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen zu mildern. Der konkrete Nutzen der ergriffenen Massnahmen und Hilfsprogramme lässt sich angesichts der Komplexität einer solchen Pandemie nicht quantifizieren. Aber es ist gelungen, innert kurzer Zeit wirksame Vakzine zu entwickeln und viele Menschen damit zu impfen. Aktuell werden monatlich rund eine halbe Milliarde Impfungen verabreicht, was die Wahrscheinlichkeit eines schweren Krankheitsverlaufs für das Individuum stark reduziert und dadurch Millionen weitere Todesfälle verhindert. Gleichwohl sterben weiterhin weltweit täglich mehr als 5.000 Menschen, davon rund 1.000 allein in der EU. Unverändert sind die Ärzteschaft, das Pflegepersonal und die gesamte Infrastruktur für die medizinische Versorgung vielerorts massiv überlastet. Das Engagement muss weitergehen.

In diesem Umfeld setzte sich der weltweite wirtschaftliche Aufschwung fort, aber seine Dynamik liess im Jahresverlauf nach. Die Produktion hat in vielen OECD-Ländern inzwischen den Stand von Ende 2019 übertroffen und kehrt allmählich auf den vor der Pandemie erwarteten Wachstumspfad zurück. Die stark gestiegene Nachfrage nach Gütern führte zu Engpässen in den Produktionsketten. Arbeitskräftemangel, pandemiebedingte Betriebsstilllegungen, steigende Energieund Rohstoffpreise sowie die Verknappung einiger wichtiger Materialien bremsten im Verlauf des Jahres 2021 das Wachstum und erhöhten den Kostendruck. Die Inflation nahm in vielen Regionen deutlich zu. Neben dem Kostendruck aufgrund von Lieferengpässen im verarbeitenden Gewerbe und dem Anstieg der Lebensmittelpreise sind Ungleichgewichte am Energiemarkt ein wichtiger Faktor, der die Inflation in allen Volkswirtschaften ansteigen liess.

Würth-Gruppe

Im Allgemeinen gaben die Verbraucher seit Beginn der Covid-19- Pandemie weniger für Dienstleistungen und mehr für Waren aus. Von der Belebung im Warenhandel haben Unternehmen mit Logistikkompetenz und einer Verbindung zur Bauwirtschaft profitiert, was sich im bemerkenswerten Umsatzwachstum der Würth-Gruppe von 18,5% auf 17,1 Milliarden Euro zeigte. Damit wurden die Erwartungen der Konzernführung übertroffen. Ausserordentlich starke Wachstumszahlen konnten in den baunahen Geschäftsfeldern der Würth-Linie, dem Elektrogrosshandel und der eiSos-Gruppe erreicht werden, sowie generell in den südeuropäischen Märkten. Mit diesen Ergebnissen bewies die Würth-Gruppe im bisherigen Verlauf der Pandemie eindrücklich ihre Leistungsfähigkeit und stärkte ihre Wettbewerbsposition dank der breiten Diversifikation ihres Geschäftsmodells. Ausgezeichnete Beziehungen zu einer Vielzahl von Lieferanten auf der ganzen Welt stellten eine relativ hohe Lieferfähigkeit sicher.

Das starke Wachstum führte zu einer hohen Kapazitätsauslastung und einer entsprechenden Verbesserung der Produktivitätskennzahlen. Trotz steigender Herstellungs- und Beschaffungspreise verbesserte sich das Betriebsergebnis der Würth-Gruppe auf Basis der vorläufigen Zahlen auf den Rekordwert von 1,2 Milliarden Euro (2020: 775 Millionen Euro).

Um die kontinuierliche Weiterentwicklung des Geschäftsmodells sicherzustellen, wurden die Investitionen massvoll auf rund 500 Millionen Euro erhöht (2020: 473 Millionen Euro). Dank des positiven Cashflows sowie eines disziplinierten Investitions- und Working-Capital-Managements blieb die Finanzlage der Würth-Gruppe sehr stabil. Dies erlaubte die Rückzahlung der im September 2021 fälligen US-Privatplatzierung über 200 Millionen US-Dollar aus liquiden Mitteln und widerspiegelt sich im Rating A von Standard & Poor’s. Das Eigenkapital beträgt per 31. Dezember 2021 6,8 Milliarden Euro, was einer Eigenkapitalquote von 45% entspricht. Mit liquiden Mitteln von rund 1,1 Milliarden Euro und freien, bis 2023 fest zugesagten Kreditlinien über 400 Millionen Euro verfügt die Würth-Gruppe über sehr komfortable Liquiditätsreserven. In der Zwischenzeit wurde die im Mai 2022 fällige 1%-Euroanleihe am 21. Februar 2022 vorzeitig aus Eigenmitteln des Unternehmens zurückgezahlt.

Würth Finance Group

Resilienz, Agilität und Nachhaltigkeit sind Begriffe, die derzeit prominent in Leitbildern und Strategien vieler Unternehmen auftauchen. Sie zielen auf die Fähigkeit zum Umgang mit den Risiken und Chancen, die sich ergeben, wenn sich die Rahmenbedingungen im Kerngeschäft verändern, ausgelöst beispielsweise durch starkes Wachstum oder den Zusammenbruch der Nachfrage, durch massive Preissteigerungen bei der Beschaffung oder durch andauernde Lieferengpässe. Diese Themen dominierten in den letzten Monaten die Beratungsgespräche mit vielen Kunden und Geschäftspartnern und sorgten für eine hohe Nachfrage nach den Versicherungs- und Finanzdienstleistungslösungen der Würth Finance Group, sei es bei der Anpassung der Versicherungsdeckung im Rahmen von Unternehmensrestrukturierungen, der Optimierung der Risikoversicherungen für die Mitarbeitenden, dem Schutz vor Vermögensverlusten durch Cyberattacken oder gegen eine starke Aufwertung des Schweizer Frankens oder der Absicherung gegen rasch steigende Zinssätze bei der Unternehmensfinanzierung. Gleichzeitig verbindet die Würth Finance Group als Schnittstelle ihre Kunden mit Investoren, kreditgebenden Banken und Versicherungsgesellschaften und stellt sicher, dass deren steigende Transparenzanforderungen in Bezug auf Nachhaltigkeit erfüllt werden.

Im Geschäftsjahr 2021 erzielte die Würth Finance Group deutliche Fortschritte im wichtigen Bereich der Digitalisierung.

Im Geschäftsjahr 2021 erzielte die Würth Finance Group deutliche Fortschritte im wichtigen Bereich der Digitalisierung. So wurden in der Würth Financial Services AG neue Systeme eingeführt, welche die Durchlaufzeiten bei Ausschreibungen und der Rechnungsstellung wesentlich reduzieren. Mit der Einführung eines neuen Produkts namens «Powertrader» konnte die Würth Finance International B.V. den Konzerngesellschaften der Würth-Gruppe ein ausgereiftes und sicheres elektronisches Handelssystem für die Abwicklung von Finanztransaktionen zur Verfügung stellen, das in allen Zeitzonen rund um die Uhr verfügbar ist. Auch bei der Weiterentwicklung und der Einführung der Dienstleistungen rund um elektronische Zahlungen wurden bedeutende Erfolge erzielt: Durch die strategische Partnerschaft mit der Twint AG können Online-Einkäufe über die gleichnamige Zahlungsapplikation in der Schweiz neu sofort versichert werden. Das Zahlungsvolumen, das die Kunden der Würth-Gruppe über das Würth Omnichannel Payment Gateway – die E-Payment-Plattform der Würth Finance International B.V. – abwickelten, verzeichnete im Berichtsjahr ein Wachstum von rund 25%, und auch mit der Einführung eines multibankfähigen E-Banking-Systems für die Gesellschaften der Würth-Gruppe gelang es, einen Mehrwert zu generieren. Zufriedene Kunden sind das Ergebnis dieser Initiativen, die in den nächsten Jahren weitergeführt werden.

Mit einem bereinigten Gewinn vor Steuern von 55,5 Millionen Euro erzielte die Würth Finance Group ein Rekordergebnis.

Erfreulicherweise konnten die Ergebnisprognosen für das Geschäftsjahr der Würth Finance Group im Jahresverlauf kontinuierlich erhöht werden. So blieb das Wachstum des über die Würth Finance Group abgewickelten Zahlungsvolumens stabil im zweistelligen Bereich. Auch gelang es in der zweiten Jahreshälfte, das Prämienvolumen im Versicherungs-Brokerage zu steigern. Und dank erfolgreicher Engagements an den Finanzmärkten konnte die Performance mit Wertschriftenanlagen und im Trading gegenüber dem Vorjahr gesteigert werden. So übertraf der bereinigte Geschäftsertrag der Würth Finance Group, trotz eines erheblich geringeren Ertrags aus der Konzernfinanzierung, mit 89,6 Millionen Euro (2020: 84,0 Millionen Euro) das Ziel deutlich. Der Geschäftsaufwand erhöhte sich gegenüber dem Vorjahr um rund 8% von 31,5 Millionen Euro auf 34,0 Millionen Euro. Geschuldet ist dies zum Teil einem Nachholeffekt nach den Kosteneinsparungen des Vorjahres, unter anderem durch die Verschiebung nicht dringender IT-Projekte, sowie einer generell eingeschränkten Reisetätigkeit und der Zurückhaltung bei der Besetzung freier Arbeitsstellen sowie der Vergabe von Beratungsmandaten. Mit einem bereinigten Gewinn vor Steuern von 55,5 Millionen Euro erzielte die Würth Finance Group ein Rekordergebnis (2020: 52,5 Millionen Euro) und leistete damit einen wesentlichen Beitrag zum Konzernergebnis der Würth-Gruppe.

Details zum Geschäftsverlauf in den Geschäftsbereichen Inhouse Banking und Externe Finanzdienstleistungen wie auch zum Risikomanagement- und Kontrollbericht der Würth Finance Group finden Sie in den entsprechenden Kapiteln. Die Würth Finance Group verfügt über kein eigenes Audit Committee und ist daher in den Audit-Prozess der Würth-Gruppe eingegliedert.

Ausblick für 2022

Die Covid-19-Pandemie und ihre Bekämpfung haben in vielerlei Hinsicht Entwicklungen und Veränderungen ausgelöst – mit mittel- und langfristigen Folgen für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Institutionen, Traditionen und Werte werden hinterfragt und neu kalibriert. Das mag verunsichern, ist aber auch eine grosse Chance, um den Begriffen Resilienz, Nachhaltigkeit und Agilität für die Zukunftsgestaltung die notwendige Substanz zu geben, auch in der Führung von Unternehmen.

Aus diesen Entwicklungen und dem Wandel der Versicherungs- und Finanzmärkte ergeben sich langfristige Wachstumschancen, an denen sich die Würth Finance Group orientiert. Entsprechend erfolgen in den Geschäftsbereichen Inhouse Banking und Externe Finanzdienstleistungen kontinuierlich Investitionen in die Weiterentwicklung und Digitalisierung des Geschäftsmodells – ohne dabei den Umfang und die Qualität des Kundenservice zu vernachlässigen. Dies erfordert von den Mitarbeitenden eine hohe Lern- und Anpassungsfähigkeit. Die Würth Finance Group fördert die kontinuierliche Weiterbildung der Führungskräfte und Mitarbeitenden während des gesamten Berufslebens als Schlüssel für die Zukunftssicherung des Unternehmens. Der Schutz von Vermögenswerten, beispielsweise vor Cyberangriffen, und die Erfüllung der regulatorischen Anforderungen bilden für Finanz- und Versicherungsdienstleister wichtige Voraussetzungen für einen nachhaltig erfolgreichen Geschäftsbetrieb. Die Würth Finance Group verfügt über die notwendige kritische Grösse und die Organisation, um ein effektives und effizientes IT-Risiko- und Compliance-Management sicherzustellen.

Anfang 2022 ging die OECD von einem soliden Wachstum von rund 4% in der Eurozone und in den USA im laufenden Jahr aus. Der Inflationsdruck wurde als stärker und länger anhaltend eingeschätzt als noch wenige Monate zuvor. Dennoch wurde ein allmählicher Rückgang der Verbraucherpreisinflation im Laufe des Jahres erwartet, da die Versorgungsengpässe nachlassen, die Produktionskapazitäten steigen und die Verwerfungen des Welthandels sich normalisieren würden.

Die Eskalation des Konflikts und der Einmarsch russischer Truppen in der Ukraine im Februar 2022 sowie die darauffolgenden internationalen wirtschaftlichen und finanziellen Sanktionen gegen Russland mindern den Wert dieser Prognosen. Wie sich der Krieg weiterentwickeln wird, ist nicht bekannt. Die Negativspirale weiterer Eskalationen kann hoffentlich bald unterbrochen werden. Die wirtschaftlichen Aussichten für Europa und die Welt haben sich abrupt verschlechtert – zumindest mit Blick auf die nächsten Quartale. Hinzu kommt eine Neubewertung der Finanzanlagen, die derzeit stattfindet.

Fest steht, dass schnellere, besser koordinierte Impfkampagnen weltweit im Kampf gegen Covid-19 entscheidend sind, um Leben zu retten und das Entstehen neuer Varianten zu verhindern. Dies würde auch dazu beitragen, einige der aktuell die Erholung hinauszögernden Lieferengpässe zu beheben, da Fabriken, Häfen und Grenzen wieder vollständig geöffnet werden könnten. Das Auslaufen der staatlichen Pandemiehilfen muss umsichtig und schrittweise erfolgen, um die Wirtschaft nicht zu schwächen.

Für die Stabilisierung des Marktvertrauens und der öffentlichen Unterstützung ist entscheidend, dass die Finanz- und Währungsbehörden ihre Strategien klar kommunizieren.

Die Unsicherheit ist sehr gross. Dennoch beabsichtigt die Würth-Gruppe, die aktuelle Dynamik zu nutzen, und strebt als anpassungs- und konkurrenzfähiges Unternehmen mit klarem Kundenfokus erneut voller Zuversicht einen Wachstumskurs an. Investitions-, Akquisitions- und Entwicklungsprojekte werden an den jeweiligen Märkten und den Wachstumszielen für die nächsten fünf Jahre ausgerichtet, aber an die Konjunkturgeschwindigkeit angepasst.

Falls eine Rezession vermieden werden kann, erwartet die Geschäftsführung der Würth Finance Group für das Geschäftsjahr 2022 einen stabilen Ertrag in den beiden Geschäftsbereichen Externe Finanzdienstleistungen und Inhouse Banking. Die Geschäftsführung ist sich des Risikos von Rückschlägen aufgrund des Russland-Ukraine-Kriegs sowie im Kampf gegen die Covid-19-Pandemie bewusst. Dies könnte die wirtschaftliche Erholung ausbremsen und zu Turbulenzen an den Finanzmärkten führen. Daher werden wachstumsorientierte Investitionsprojekte und der Kapazitätsausbau schrittweise umgesetzt und wenn nötig verschoben.

Danksagung

Die Geschäftsführung der Würth Finance Group ist mit den im Geschäftsjahr 2021 erreichten Ergebnissen sehr zufrieden und bedankt sich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern herzlich für ihren grossen Beitrag zum Erfolg. Diese Ergebnisse wurden unter teilweise erschwerten Bedingungen im Homeoffice und bei der Konzentration auf die digitalen Kommunikationskanäle mit den Kunden erreicht. Der Dank gilt auch unseren Kunden und Geschäftspartnern, die durch ihr Vertrauen den Erfolg der Würth Finance Group erst ermöglicht haben. Wir freuen uns auf die weitere gute Zusammenarbeit im Jahr 2022.

Roman Fust

Geschäftsführer
Würth Finance International B.V.

Adrian Parpan

Geschäftsführer
Würth Financial Services AG

Versicherung der gesetzlichen Vertreter

Mit Bezug auf die EU-Transparenzrichtlinie und das niederländische Gesetz über die Finanzaufsicht (Wet op het Financieel Toezicht) bestätigt die Geschäftsführung der Würth Finance Group nach ihrem besten Wissen und Gewissen hiermit, dass der Jahresabschluss für das Geschäftsjahr per 31. Dezember 2021 ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage abbildet und dass der Bericht der Geschäftsführung sowohl die Entwicklung und den Erfolg während des Geschäftsjahres und am Bilanzstichtag als auch das mit dem Geschäft verbundene Risiko in angemessener Art und Weise beschreibt.