«Covid-19 ist die schlimmste Gesundheits- und Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg, die Gesundheit, Wohlbefinden und Arbeitsplätze beeinträchtigt und aussergewöhnliche Unsicherheit schafft. Die wirtschaftlichen Auswirkungen werden überall zu spüren sein, die Erholung wird langsam verlaufen und die Krise wird lang anhaltende Auswirkungen haben.» So fasste die OECD die Situation im zweiten Quartal 2020 zusammen. Der Ausbruch der Covid-19-Pandemie traf die meisten Länder völlig unvorbereitet und stürzte die Weltwirtschaft im Frühling 2020 in die tiefste Rezession seit Jahrzehnten. Während einiger Wochen stand das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben vielerorts fast still und die Konjunkturprognosen wurden düster: So revidierte die OECD ihre BIP-Erwartung 2020 von zuvor positiven Werten auf –10% für die Eurozone und –8% für die USA.
Zumindest teilweise erwiesen sich diese Schätzungen als zu pessimistisch. Die Bevölkerung lernte, mit dem neuen Coronavirus zu leben, hielt sich mehrheitlich an die wichtigsten Schutzund Hygienemassnahmen und akzeptierte die von den Regierungen verhängten Einschränkungen. Homeoffice, Videokonferenzen, Onlineshopping, digitales Lernen und Take-Away-Verpflegung wurden zu weltweiten Standards, dank denen die Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Produkten und systemrelevanten Dienstleistungen, aber auch ein beeindruckend grosser Teil des Wirtschaftslebens in den Industrie- und Schwellenländern recht gut weiterfunktionierte. Weltweit führten viele Regierungen finanzielle Unterstützungsprogramme ein, um das wirtschaftliche Leid der Betroffenen zu lindern. Und orchestriert von den Zentralbanken wurden der Privatwirtschaft über die internationalen Finanzmärkte und das Bankensystem grosszügig Finanzmittel zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen zur Verfügung gestellt. So konnte ein noch stärkerer Einbruch der Weltwirtschaft verhindert werden; in der Eurozone sank das BIP um rund 7%, in den USA um etwa 4%. Aber der Preis dafür ist hoch: Gemäss der John Hopkins University hat die Covid-19-Pandemie nahezu 120 Millionen Infektionen und fast 2,6 Millionen Todesfälle verursacht (Stand 15. März 2021). Ärzte, das Pflegepersonal und die gesamte Infrastruktur für die medizinische Versorgung sind vielerorts seit Monaten massiv überlastet. Und trotz Kurzarbeitsentschädigungen und anderer Stützmassnahmen am Arbeitsmarkt sind viele Arbeitnehmende, insbesondere in der Gastronomie, im Tourismus und im Kultur- und Freizeitbereich, von Lohneinbussen und Arbeitslosigkeit betroffen.
Würth-Gruppe
Die Covid-19-Pandemie belastete auch die Geschäftsentwicklung der Würth-Gruppe. Im Vergleich zum Vorjahr brach der Umsatz im April um über 20% ein. Im Mai reduzierte sich der Rückstand auf 5%, und seit Juli konnten die Vorjahresumsätze kontinuierlich übertroffen werden. Schlussendlich schloss die Würth-Gruppe das Geschäftsjahr 2020 mit einer Umsatzsteigerung von 0,9% ab, getragen insbesondere vom Markt in Deutschland, wo ein Wachstum von 2,8% erreicht wurde, und den baunahen Geschäftsfeldern der Würth-Linie und des Elektrogrosshandels. Mit diesem Ergebnis hat die Würth-Gruppe im bisherigen Verlauf der Covid-19-Pandemie ihre Leistungsfähigkeit eindrücklich bewiesen und ihre Wettbewerbsposition dank der breiten Diversifikation ihres Geschäftsmodells gestärkt. Ausgezeichnete Beziehungen zu einer Vielzahl von Lieferanten auf der ganzen Welt ermöglichten die zeitnahe Ergänzung des Produktportfolios mit Hygieneprodukten und Material zum Schutz vor Infektionen, deren Nachfrage massiv anstieg.
Das Betriebsergebnis der Würth-Gruppe entwickelte sich im Gleichschritt zum Umsatz und erreichte auf Basis der vorläufigen Zahlen 770 Millionen Euro (2019: 770 Millionen Euro). Einerseits konnten die Bruttogewinnmargen relativ stabil gehalten werden, andererseits ermöglichte die Nutzung der digitalen Kommunikations- und Vertriebskanäle eine erhebliche Produktivitätssteigerung.
Um die kontinuierliche Weiterentwicklung des Geschäftsmodells nicht zu vernachlässigen, wurden die Investitionen massvoll auf 470 Millionen Euro reduziert (2019: 710 Millionen Euro); auf den Abbau von personellen Kapazitäten wurde verzichtet. Dank des positiven Cashflows sowie eines disziplinierten Investitions- und Working-Capital-Managements verbesserte sich die solide Finanzlage der Würth-Gruppe weiter. Dies widerspiegelt sich sowohl in den finanziellen Kennzahlen als auch im bestätigten Rating von Standard & Poor’s (A, outlook stable). Auch der Kapitalmarkt goutierte dies mit einer deutlichen Überzeichnung der im Mai 2020 ausgegebenen Benchmarkanleihe im Umfang von 750 Millionen Euro. Das Eigenkapital beträgt per 31. Dezember 2020 5,9 Milliarden Euro, was einer Eigenkapitalquote von 44% entspricht. Mit liquiden Mitteln von rund 1.386 Millionen Euro und freien, bis 2023 fest zugesagten Kreditlinien über 400 Millionen Euro verfügt die Würth-Gruppe über sehr komfortable Liquiditätsreserven.
Würth Finance Group
Die Anpassung der Organisation des operativen Geschäftsbetriebs der Würth Finance Group im Zuge der Covid-19-Pandemie forderte das Management und die Mitarbeitenden heraus – durch Beeinträchtigungen beim persönlichen Kontakt mit Kunden und Geschäftspartnern, die Implementierung eines Homeoffice-Regimes und die Konzentration auf die digitale Kommunikation. Das Business Continuity Management System des Unternehmens funktionierte, obwohl es nicht spezifisch auf eine solche Pandemie ausgerichtet war. Sowohl die Würth Financial Services AG als auch das Inhouse Banking konnten ihre Kunden und Geschäftspartner jederzeit mit ihren Dienstleistungen bedienen, der Betrieb funktionierte ohne Unterbruch. Die Investitionen der Würth Finance Group in die Digitalisierung der Geschäftsprozesse zahlten sich in diesem Umfeld aus.
Wie schon in früheren Krisen und Zeiten grosser Unsicherheit waren die Kernkompetenzen der Würth Finance Group im Risikomanagement erneut sehr gefragt – bei der Sicherstellung der notwendigen Finanzmittel und der Liquiditätssteuerung für die Konzerngesellschaften der Würth-Gruppe genauso wie bei der Abwicklung von Schadenfällen durch stornierte Reisen oder der Optimierung der Versicherungsdeckung für viele Unternehmen in der Schweiz. Auch die rechtliche und organisatorische Integration der Optima Versicherungsbroker AG konnte planmässig abgeschlossen werden.
Negative Spuren hinterliess die Covid-19-Pandemie im finanziellen Ergebnis der Würth Finance Group bisher kaum: Erwartungsgemäss gingen im Inhouse Banking die Erträge aus der Konzernfinanzierung leicht zurück und erreichte die Performance mit Wertschriftenanlagen das Vorjahresergebnis nicht. Gleichwohl übertraf der bereinigte Geschäftsertrag der Würth Finance Group mit 84 Millionen Euro das Ziel deutlich. Der Geschäftsaufwand reduzierte sich gegenüber dem Vorjahr um rund 3% von 32,4 Millionen Euro auf 31,5 Millionen Euro. Erreicht wurde diese Entwicklung durch eine Reihe unterschiedlicher Massnahmen wie die Verschiebung nicht dringender IT-Projekte, eine generell eingeschränkte Reisetätigkeit und die Zurückhaltung bei der Besetzung freier Arbeitsstellen und der Vergabe von Beratungsaufträgen. Mit einem bereinigten Gewinn vor Steuern von 52,5 Millionen Euro erzielte die Würth Finance Group das zweitbeste Ergebnis der Unternehmensgeschichte (2019: 55,0 Millionen Euro) und leistete damit einen wichtigen Beitrag zum Konzernergebnis der Würth-Gruppe.
Details zum Geschäftsverlauf in den Geschäftsbereichen Inhouse Banking und Externe Finanzdienstleistungen wie auch zum Risikomanagement- und Kontrollbericht der Würth Finance Group finden Sie in den entsprechenden Kapiteln. Die Würth Finance Group verfügt über kein eigenes Audit Committee und ist daher in den Audit-Prozess der Würth-Gruppe eingegliedert.
Ausblick für 2021
Erfreulicherweise wurden wirksame Impfstoffe gegen Covid-19 früher als erwartet verfügbar und können seit Anfang 2021 verabreicht werden. Die Experten erwarten, dass die Verbreitung des Covid-19-Virus rasch unter Kontrolle gebracht und die Pandemie gestoppt werden kann. Die sukzessive Lockerung der Einschränkungen und Schutzmassnahmen sollte in den Industrieländern im Jahr 2021 eine robuste Konjunkturerholung und ein BIP-Wachstum in der Grössenordnung von 3 bis 4% ermöglichen. Auch die Würth-Gruppe will von dieser Dynamik profitieren und strebt mit grosser Zuversicht als anpassungs- und wettbewerbsfähiges Unternehmen mit klarem Kundenfokus ein deutliches Wachstum an. Die Investitions-, Akquisitions- und Entwicklungsprojekte sind auf die relevanten Märkte und die Wachstumsziele der nächsten fünf Jahre abgestimmt.
Die Würth Finance Group orientiert sich an den langfristigen Wachstumschancen, die sich durch den Wandel der Versicherungs- und Finanzmärkte bieten. Entsprechend erfolgen in den Geschäftsbereichen Inhouse Banking und Externe Finanzdienstleistungen kontinuierlich Investitionen in die Weiterentwicklung und Digitalisierung des Geschäftsmodells – ohne dabei den Umfang und die Qualität des Kundenservice zu vernachlässigen. Dies erfordert von den Mitarbeitenden eine hohe Lern- und Anpassungsfähigkeit. Die Würth Finance Group fördert die kontinuierliche Weiterbildung der Führungskräfte und Mitarbeitenden während des gesamten Berufslebens als Schlüssel für die Zukunftssicherung des Unternehmens. Der Schutz von Vermögenswerten, beispielsweise vor Cyberangriffen, und die Erfüllung der regulatorischen Anforderungen bilden für Finanz- und Versicherungsdienstleister wichtige Voraussetzungen für einen nachhaltig erfolgreichen Geschäftsbetrieb. Die Würth Finance Group verfügt über die notwendige kritische Grösse und die Organisation, um ein effektives und effizientes IT-Risiko- und Compliance-Management sicherzustellen.
Im Geschäftsjahr 2021 rechnet das Management der Würth Finance Group mit stagnierenden Erträgen und einem Rückgang des Betriebsergebnisses im hohen einstelligen Prozentbereich. Das Versicherungsprämienvolumen bei den Kunden der Würth Financial Services AG wird als Folge der letztjährigen Rezession niedriger ausfallen, und im Inhouse Banking belastet das rekordniedrige Zinsniveau bei der Verlängerung von Aktivdarlehen an Konzerngesellschaften der Würth-Gruppe sowie bei der Liquiditätsanlage das Zinsergebnis deutlich. Das Management der Würth Finance Group ist sich der Gefahr von Rückschlägen bei der Bekämpfung der Pandemie bewusst, welche die wirtschaftliche Erholung bremsen und Turbulenzen an den Finanzmärkten auslösen können. Deshalb werden wachstumsorientierte Investitionsprojekte und der Ausbau der Kapazitäten schrittweise umgesetzt und können bei Bedarf zurückgestellt werden.
Danksagung
Die Geschäftsführung der Würth Finance Group ist mit den im Geschäftsjahr 2020 erreichten Ergebnissen sehr zufrieden und bedankt sich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern herzlich für ihren grossen Beitrag zum Erfolg. Der Dank gilt auch unseren Kunden und Geschäftspartnern, die durch ihr Vertrauen den Erfolg der Würth Finance Group erst ermöglicht haben. Wir freuen uns auf die weitere gute Zusammenarbeit im Jahr 2021.
Roman FustGeschäftsführer Würth Finance International B.V. |
Adrian ParpanGeschäftsführer Würth Financial Services AG |
Versicherung der gesetzlichen Vertreter
Mit Bezug auf die EU-Transparenzrichtlinie und das niederländische Gesetz über die Finanzaufsicht (Wet op het Financieel Toezicht) bestätigt die Geschäftsführung der Würth Finance Group nach ihrem besten Wissen und Gewissen hiermit, dass der Jahresabschluss für das Geschäftsjahr per 31. Dezember 2020 ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage abbildet und dass der Bericht der Geschäftsführung sowohl die Entwicklung und den Erfolg während des Geschäftsjahres und am Bilanzstichtag als auch das mit dem Geschäft verbundene Risiko in angemessener Art und Weise beschreibt.